Die Idee: Man nehme vorhandene Technologien, um Strom, Wärme und Warmwasser selbst zu produzieren, verbinde sie miteinander und gewinne dadurch größtmögliche Unabhängigkeit von externen Energiequellen. Klingt simpel, doch die Sache hat einen Haken: „Wir hatten schon lange vor ein Projekt aufzusetzen, indem verschiedene Technologien zusammen zum Einsatz kommen und die Synergien genutzt werden können. Es hat sich allerdings gezeigt, dass es sehr schwer ist, einen Auftraggeber von einem solch komplexen, ambitionierten Bau zu überzeugen“, berichtet der Architekt Jürgen Rupp, warum es lange nur bei einem Plan geblieben ist. Um ihr Traumprojekt zu verwirklichen, in dem alle Techniken nicht nur nebeneinander eingesetzt sind, sondern harmonisch miteinander funktionieren, blieb den drei Brüdern nichts anderes übrig, als es gemeinsam in Eigenregie umzusetzen. Drei Reihen-Wohnhäuser auf einem Sockelgebäude, in dem Garagen und die Büroräume von Jürgen Rupp untergebracht sind, stehen nun auf dem Gelände der ehemaligen Ringinger Schmiede. Seit dem Bezug im März 2016 erhalten die Bewohner Strom, Wärme und Warmwasser unter anderem aus einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) samt Solarthermie, zwei Warmwasser-Pufferspeichern, einem Eisspeicher unter dem Garten und einem Pacadu-gesteuerten Stromspeicher.
FLEXIBLER STROMSPEICHER – BEI BEDARF AUFRÜSTBAR
Der Strom, den eine PV-Anlage produziert, steht zur Verfügung, wenn die Sonne scheint, kann dann aber häufig nicht vollständig selbst genutzt werden. Denn die Kurven der Stromgewinnung und des Verbrauchs verlaufen selten parallel. Abhilfe schaffen Stromspeicher; ihre Aufgabe ist es, den produzierten Strom aus der PV-Anlage zwischenzuspeichern, sodass er dann genutzt werden kann, wenn er wirklich benötigt wird. So sorgt der Stromspeicher dafür, dass möglichst wenig Überschussstrom ins öffentliche Netz fließt. Die Auslegung der Kapazität des Stromspeichers stellte die Gebrüder Rupp aber vor eine Herausforderung: „Aufgrund der Komplexität des Gesamtprojekts waren Prognosen schwierig. Es gab keinerlei Erfahrungswerte, wie viel Strom wir zwischenspeichern müssen. Wir mussten also schlicht schätzen – und von dieser Annahme ausgehen. Umso wichtiger war es, einen Stromspeicher einzubauen, der sich nachträglich einfach und flexibel erweitern lässt“, erläutert Rupp die Gründe für die Anschaffung des Speichers aus dem Hause ASD. Denn herkömmlichen Stromspeichern gegenüber bringt das Pacadu-gesteuerte Exemplar einen entscheidenden Vorteil: Sowohl Leistung als auch Kapazität sind flexibel skalierbar – und zwar auch nachträglich. „Falls der Speicherbedarf von unserer Annahme abweicht und doch höher liegt, erweitern wir eben einfach“, ergänzt Rupp.
NACHHALTIGKEIT – ZELLEN EFFIZIENT NUTZEN
Ein weiterer Vorteil des Pacadu ist, dass Kapazität und Leistung langfristig erhalten bleiben. Grundlage hierfür ist die innovative Pacadu-Technologie, die die Zellen in den Batterien nicht wie andere Stromspeicher in Reihe schaltet, sondern durchgängig bis zur letzten Zelle parallel. Dadurch lassen sich unterschiedliche Zellentypen, -kapazitäten und -technologien in einem Speicher miteinander kombinieren. „Eine beispielsweise durch ihren Alterungsprozess schwache Zelle beeinträchtigt beim Pacadu nicht unser gesamtes System; wir können sie weiterverwenden, bis sie komplett abgenutzt und endgültig defekt ist und müssen sie nicht frühzeitig austauschen“, erklärt Rupp. „Ist sie aber völlig hinüber, können wir sie einfach austauschen. Bei einem reihengeschalteten Stromspeicher hingegen muss bei einem Defekt die Batterie, im schlimmsten Fall sogar der ganze Speicher, ausgewechselt werden.“ Da die Zellen nicht wie bei anderen Stromspeichern zwillingsgleich sein müssen, bestehen beim Pacadu hohe Freiheitsgrade in der Auswahl der Zellen. Mit dieser Steuerung lassen sich auf lange Sicht defekte Zellen sogar durch ausgemusterte ersetzen, die etwa aus einem E-Auto oder aus der unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) stammen. Denn solche sogenannten Second-Life-Zellen verfügen noch über genügend Kapazität für den Einsatz in einem Speicher, sind allerdings nur parallel-geschaltet nutzbar. „So stellen wir uns Nachhaltigkeit vor. Der Pacadu passt mit diesen Eigenschaften perfekt in unser Konzept“, so Rupp.
EIGENES PATENT: IN-DACH-PV-ANLAGE MIT WÄRMEPRODUKTION
Als Projektentwickler, Planer und Eigentümer in Personalunion konnten die Rupp-Brüder bei ihrem Projekt viele Ideen verwirklichen. Dass die Architektur nicht nur grundsätzlich auf höchstem Niveau, sondern auch bis ins Kleinste durchdacht ist, zeigt sich an vielen Details: Die Fenster lassen sich nicht kippen, sondern nur komplett öffnen; alle Räume sind mit LED-Beleuchtung und in den Durchgangsräumen mit Bewegungssensoren ausgestattet; ein Raum für Waschmaschine und Trockner befindet sich direkt neben dem Schlafzimmer. „Letzteres klingt vielleicht merkwürdig, aber damit wollen wir die Mieter dazu bringen, die Wäsche tagsüber zu waschen, sodass dafür direkt der Solarstrom zum Einsatz kommt und nicht nachts der Speicher entladen wird“, erklärt Rupp.
Das einzige System, das es nicht auf dem Markt gab, entwickelten die Brüder selbst; mittlerweile ist es von ihnen patentiert: Die PV-Anlage als In-Dach- und gleichzeitig Kombi-Lösung, die sowohl Strom als auch Wärme produziert. Der Strom fließt in den Stromspeicher, die Wärme je nach Temperaturniveau in den Eisspeicher, in den Heizwasser- oder in den Brauchwasserspeicher. „Die jeweilige Technik ist ja vorhanden. Man muss sie nur zusammenführen“, so Rupp. „Wir zeigen mit unserem Projekt: Das funktioniert.“
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